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Die Sackpfeife in Deutschland, Teil 3

Hümmelchen nach Praetorius

Michael Praetorius beschreibt eine durchweg zylindrisch gebohrte, kleine Sackpfeife mit zwei Bordunen: das Hümmelchen. Seinen Namen hat dieses Instrument vom niederdeutschen Begriff für "stutzen, kürzen, verstümmeln" [4]. Eine "Hümmel" war eine hornlose Kuh, "hämeln" hieß, ein männliches Schaflamm zu verschneiden. Das Instrument, das im Vergleich zu anderen landesüblichen Sackpfeifen, wie z.B. der Schäferpfeife oder dem Bock, als mickrig und abgebrochen (bezogen auf den Bock gar hornlos) erschien, wurde also im Niederdeutschen sehr treffend als "humliche Sackpfeiff bezeichnet. Trotz dieser Namensgebung durch Praetorius war das Hümmelchen im ganzen deutschen Raum bekannt, größtenteils allerdings unter anderen Namen.

Praetorius schreibt über das Hümmelchen lediglich: "3. Hümmelchen; Hat auch nur zween Stimmer / f' c'."

In der Tabelle der Organographia (s.o.) gibt Praetorius darüber hinaus den Tonumfang der Spielpfeife als (h) c' - c'' an. Es handelt sich beim Hümmelchen also tatsächlich in vielerlei Hinsicht um eine "humliche" Ausgabe der "Schaper Pfeiff".

Das Hümmelchen wird von zahlreichen Instrumentenbauern hergestellt, u.a. von Michael Hofmann, Andreas Rogge, Alban Faust, Bodo Schulz, Paul Beekhuizen und "The Early Music Shop". Das obenstehende Photo zeigt die Version des "Early Music Shop" in d-Stimmung, die als fertiges Instrument oder als Bausatz zu bekommen ist. Die Tülle des Instruments erinnert mich allerdings eher an die eines Dudeys, als an die so typische Form der Hümmelchen-Tülle.

Ein Begriff sind in Deutschland die Hümmelchen von Michael Hofmann, der direkt mit einer ganzen Reihe unterschiedlicher "Hümmelchen" im Programm aufwartet: angefangen beim (auf dem linken Photo abgebildeten) preisgünstigen Schulmodell mit Doppelrohrblättern in allen Pfeifen (! auch im Bordun. Hierdurch reagiert dieser stark auf Luftdruckschwankungen, läßt sich aber in alle möglichen Tonarten umstimmen), über die Version mit zwei Aufschlagzungen- Bordunen (oktaviert in c), die Version mit zwei Doppelrohrblattbordunen (f und c') bis hin zur nicht ganz billigen Version mit tiefer c-Bordunstimmung (hoher Bordun in f).


Dudey

Als Dudey bezeichnet Praetorius eine Kleinsackpfeife mit drei in einer gemeinsamen Tülle untergebrachten Bordunen:

Dudey / aber hat drey Röhrlein zum Stimmen es' b' es''

...schreibt Praetorius in seiner Organographie. Die Spielpfeife gibt er laut Tabelle mit (e'') f''-c''' (d''') an. Diese Einbringung der kleinen Terz scheint ziemlich seltsam, sie scheint nicht recht zum Leitton e'' zu passen. Moderne Rekonstruktionen bedienen sich meines Wissens ausschließlich des Quints und der Oktave. Die Bezeichnung "Dudey" ist in Deutschland etwas problematisch. Das Wort taucht als Namensgeber vieler verschiedener Arten von Sackpfeifen auf, wohl aufgrund der polnisch/böhmischen Namensgebung für Sackpfeifen allgemein (Dudy oder Duda) und Böcken insbesondere. So belegen viele Quellen, daß der Bock in Deutschland vielerorts Dudey oder Duday genannt wurde [4].

Das rechts abgebildete Instrument wurde von Pavel Cip einst mundgeblasen gebaut. Heute fertigt der tschechische Instrumentenbauer dieses Instrument leider nur noch mit dem für ihn unabkömmlichen Blasebalg in a-Stimmung an. Ironischerweise ist dieses Instrument mit Blasebalg musikhistorisch gesehen aber gar nicht so abartig - denn nimmt man eine nach Dudey-Art gebohrt und gestimmte Kleinsackpfeife (Bordune in Grundton - Quinte - Oktave), schließt die Spielpfeife am Ende und versieht den Sack mit einem Blasebalg, so erhält man ein Instrument, das der frühen Northumbrian Smallpipe nahezu gleicht. Tatsächlich wird die äteste bekannte Beschreibung einer Northumbrian Smallpipe durch James Talbot 1699/1700 in London mit "Bagpipe, Scotch, Mr. Robinson" betitelt, es handelt sich also um eine Sackpfeife schottischer Herkunft. Allerdings lautet der Untertitel: "German Sackpfeiffen" (!) und könnte damit ein Hinweis auf die noch älteren Ursprünge des Instruments (vermutlich mundgeblasen wie bei Praetorius) in Deutschland sein.

Tatsächlich ist ein Bildnis einer offensichtlich geschlossenen (jeder Ton hat sein eigenes Loch) "Blasebalg-Dudey" = "Northumbrian Smallpipe" eindeutig deutschen Ursprungs überliefert. Es zeigt den Grafen Gustav Adolf Gotter um 1735 auf einem Ölgemälde von Antoine Pesne [4].

Links ist ein "Grimmelchen" von Horst Grimm zu sehen. Eine moderne, in den musikalischen Möglichkeiten erweiterte Version des Dudey. Das Instrument ist in A-Dur gestimmt, verfügt aber über drei chromatische Töne (c/f/g). Dadurch ist das "Grimmelchen" außer in A-Dur auch in a-moll, D-Dur/moll, h-moll sowie e-moll spielbar. Auf Wunsch ist auch eine Klappe für dis erhältlich. Auch der erweiterte Tonumfang von g'-h'' macht das "Grimmelchen" zu einer gelungenen Weiterentwicklung des historischen Dudey.

Dudeys werden u.a. gebaut von: Michael Hofmann, Andreas Rogge, Horst Grimm, Jochen Schmidt, Bodo Schulz, Pavel Cip

Der Bock nach Praetorius wird u.a. gebaut von: Michael Hofmann, Andreas Rogge

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